1. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 24.04.2015 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
1. 1 BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 19/14 R
Jobcenter dürfen Arbeitslose nicht in Serie zu Terminen vorladen und bei Nichterscheinen dann die Leistungen zusammenstreichen.
Höchstens drei „Meldeversäumnisse“ in Folge mit demselben Ergebnis der Nichtwahrnehmung des Termins dürften mit Kürzungen von insgesamt bis zu 30 Prozent sanktioniert werden.
Leitsätze ( Autor )
1. Der Leistungsbezieher konnte zu Recht gegen die einzelnen Bescheide über die Feststellung eines Meldeversäumnisses und den Eintritt einer Minderung ihres Alg II um jeweils 10 % des maßgebenden Regelbedarfs für drei Monate (so genannter „Sanktionsbescheid“) eine isolierte Anfechtungsklage erheben.
2. Dies folgt aus dem Wortlaut von § 31b Abs 1 Satz 1, § 39 Nr 1 SGB II in der ab 1.4.2011 geltenden Fassung, die von einem solchen eigenständigen Verwaltungsakt ausgehen und ihn entgegen der früheren Rechtsprechung nicht als Einheit mit dem Verwaltungsakt ansehen, durch den diese Minderung im Rahmen der Aufhebung eines erfolgten Bewilligungsbescheides (so genannter „Absenkungsbescheid“) oder eines neuen Bewilligungsbescheides umgesetzt wird.
3. Es ist grundsätzlich nicht rechtswidrig, wenn das JC sieben Meldeaufforderungen innerhalb von acht Wochen verschickt.
4. Jedoch ist zu beachten, dass eine Meldeaufforderung und ihre Ausgestaltung im Ermessen des JC steht. Den sich daraus ergebenden Anforderungen (vgl § 54 Abs 2 Satz 2 SGG) hinsichtlich der Grenzen und des Zwecks des Ermessens, vorliegend also insbesondere die Unterstützung einer Eingliederung der betreffenden Person in das Erwerbsleben nach § 1 Abs 2 SGB II, werden sieben gleichlautende Meldeaufforderungen nicht gerecht.
5. Zumindest nach der dritten gleichlautenden Meldeaufforderung mit demselben Ergebnis der Nichtwahrnehmung des Termins hätte das JC nicht in der bisherigen Weise fortfahren dürfen. Die auf diesen weiteren Meldeaufforderungen beruhenden Bescheide über die Feststellung eines Meldeversäumnisses und einer Minderung sind rechtswidrig.
6. Die Auswirkungen der sich aus den Bescheiden ergebenden Minderungen von insgesamt 30 % des maßgebenden Regelbedarfs werden nicht verkannt, aber noch als von der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Konkretisierung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) umfasst angesehen.
Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2015&nr=13832
1. 2 BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 6/14 R
Die Ablehnung einer Zustimmung zu einem Umzug entfaltet keine Dauerwirkung für die Zukunft, die bei der Überprüfung der Erforderlichkeit eines späteren Umzugs zu beachten wäre – Deckelung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einem Umzug gemäß § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II
Leitsätze ( Autor )
1. Voraussetzung für eine Deckelung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach einem Umzug gemäß § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II ist jedoch – neben der fehlenden Erforderlichkeit des Umzugs – das Bestehen einer abstrakten Angemessenheitsgrenze im örtlichen Vergleichsraum.
2. Dies folgt aus dem Wortlaut der Regelung, die eine Erhöhung der „angemessenen“ Aufwendungen für Unterkunft und Heizung voraussetzt, sowie ihrem Sinn und Zweck, weil eine Ausschöpfung der durch den kommunalen Träger festgelegten Angemessenheitsgrenzen für Wohnraum durch die Hilfebedürftigen verhindert werden soll (so auch BT-Drucks 16/1410 S 23). Soweit der kommunale Träger solche Werte nicht vorgegeben hat, sei es für die Kaltmiete oder die kalten Nebenkosten oder die Heizkosten, sind die Voraussetzungen für einen solchen „Deckel“ nicht gegeben.
3. In diesem Fall kann lediglich eine Prüfung der Unangemessenheit im Einzelfall nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II stattfinden. Soweit es solche Angemessenheitsgrenzen gibt, kann ihnen auch die Reichweite des „Deckels“ entnommen werden sowie seine Anpassung an eine Änderung der Verhältnisse.
Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2015&nr=13832
1. 3 BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 10/14 R
Die der Bedarfsgemeinschaft zugeflossenen 8000 Euro sind vollständig als Einkommen zu berücksichtigen. Trotz Schulden wird Erbe voll auf Hartz IV angerechnet.
Leitsätze ( Autor )
1. Der Umstand, dass dieser Betrag auf ein Girokonto des Klägers eingezahlt wurde, das zu diesem Zeitpunkt mit circa 3000 Euro im Soll war, ändert an diesem Zufluss nichts; die Schuldentilgung war eine Form der Mittelverwendung (vgl schon BSG, Urteil v. 30.07.2008 – B 14 AS 26/07 R ).
2. Dieses zu berücksichtigende einmalige Einkommen von 8000 Euro war nach § 11 Abs 3 Satz 2, 3 SGB II auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen.
Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2015&nr=13832
1. 4 BSG, Urteil vom 29.04.2015 – B 14 AS 8/14 R
Eine Übernahme der Kosten ihrer Krankenbehandlungen, die die Antragstellerin aufgrund des von ihr abgeschlossenen Krankenversicherungstarifs mit Selbstbeteiligung von ihrer privaten Krankenversicherung (PKV) nicht erstattet erhält und selbst zu bezahlen hat, als Zuschuss zu ihren Beiträgen zur Krankenversicherung nach § 26 Abs 1 SGB II scheidet aus, weil diese Kosten keine Zahlungen auf Beiträge, sondern solche auf ihr in Rechnung gestellte Krankenbehandlungen sind.
Leitsätze ( Autor)
1. In Betracht kommt jedoch eine Übernahme dieser Kosten als unabweisbarer, laufender, nicht nur einmaliger besonderer Bedarf nach § 21 Abs 6 SGB II.
2. Ausgehend von der gesetzlichen Konzeption mit dem grundsätzlich zumutbaren Wechsel in den Basistarif der PKV und aufgrund des bloß ergänzenden Charakters des § 21 Abs 6 SGB SGB II können solche Kosten aber nicht dauerhaft einen unabweisbaren Bedarf bilden, sondern nur für eine Übergangszeit.
3. Solange es an einer Beratung des Grundsicherungsträgers nach dem SGB II über die Möglichkeit eines Wechsels und die Folgen des Verbleibs in einem Tarif mit Selbstbehalt fehlt oder der Wechsel rechtlich nicht möglich ist, kann ein Anspruch auf Übernahme von Krankenbehandlungskosten im Rahmen von § 21 Abs 6 SGB II bestehen, soweit Aufwendungen für eine Krankenbehandlung angefallen sind, die in der GKV ebenso hätte beansprucht werden können.
Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2015&nr=13832
2. Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom 17.02.2015 zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
2. 1 BSG, Urteil vom 17.02.2015 – B 14 AS 1/14 R
Grundsicherung für Arbeitsuchende – Einkommensberücksichtigung – Zufluss von Erwerbseinkommen und Arbeitslosengeld 1 – Absetzung des Grundfreibetrags für erwerbstätige Hilfebedürftige nur vom Erwerbseinkommen – Sperrwirkung – Unzulässigkeit der Aufrechnung mangels Veranlassung der Erstattungsforderung
Leitsatz ( Autor)
1. Keine Absetzung des Grundfreibetrages nach § 11 Abs 2 Satz 2 SGB II aF (nunmehr § 11b Abs 2 Satz 2 SGB II) beim Arbeitslosengeld 1.
2. Die Absetzung des Grundfreibetrags kommt nur bei Erwerbseinkommen in Betracht und eine Übertragung eines nicht „verbrauchten“ Rests auf andere Einkommensarten ist nicht zulässig ( BSG, (Urteil vom 5.6.2014 – B 4 AS 49/13 R).
Quelle: http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=en&Datum=2015&nr=13828&pos=2&anz=6
3. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
3. 1 Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 13.11.2014 – L 9 AS 678/12 – rechtskräftig
Aufhebungs- und Erstattungsbescheid rechtswidrig – kapitalbildende Lebensversicherung – Bewertungsreserven und Überschussanteile –
Weder die Überschussbeteiligung noch die Bewertungsreserven stellen Einkommen i.S.d. SGB II dar. Vielmehr handelt es sich um Vermögen.
Leitsätze ( Autor )
Während des SGB II-Leistungsbezugs zufließende Mittel aus Überschussbeteiligung und Bewertungsreserven einer vor SGB II-Antragstellung abgeschlossenen kapitalbildenden Lebensversicherung sind Vermögen, kein Einkommen ( in Übereinstimmung mit dem BSG, Urteil vom 20. Februar 2014 – B 14 AS 10/13 R, Rz. 49, bei dem es um die Berücksichtigung von Vermögen geht).
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177358&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
3. 2 Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 08.04.2015 – L 4 AS 263/15 B ER – rechtskräftig
Grundsicherung für Arbeitsuchende – Aufforderung zur Beantragung einer vorzeitigen Altersrente – Anforderungen an die Ermessensausübung
Es ist nicht Aufgabe des Leistungsträgers, im Rahmen der Ermessensausübung nach § 5 Abs. 3 S. 1 SGB II den Versuch einer Schätzung zu unternehmen, ob die – ggf. erst nach Jahren zu zahlende – abschlagsfreie Altersrente voraussichtlich bedarfsdeckend sein würde (zutreffend Sächsisches LSG, Beschluss vom 19. Februar 2015 – L 8 AS 1232/14 ER; a.A. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. Dezember 2014 – L 2 AS 520/14 B ER ).
Leitsätze ( Juris )
1. Nach § 12a Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB II ist ein Leistungsberechtigter nach Vollendung des 63. Lebensjahres gesetzlich verpflichtet, eine vorzeitige Altersrente zu beantragen.
2. Ein Leistungsträger ist im Regelfall berechtigt, einen Leistungsberechtigten aufzufordern, dieser Pflicht nachzukommen. Das in § 5 Abs. 3 S. 1 SGB bei der Aufforderung zur Beantragung vorrangiger Sozialleistungen anderer Träger vorgesehene Ermessen ist im Falle des § 12a Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB II ein sog. intendiertes Ermessen, so dass der Leistungsträger im Rahmen der Ermessensausübung die regelmäßig mit der Inanspruchnahme einer vorzeitigen Altersrente verbundenen nachteiligen, aber vom Gesetzgeber grundsätzlich gebilligten Konsequenzen nicht nochmals in eine Abwägung einzustellen hat. Eine die Interessen des Leistungsberechtigten mit dem öffentlichen Interesse im Einzelnen abwägende Ermessensentscheidung ist im Rahmen des § 5 Abs. 3 S. 1 SGB II nur in atypischen Fällen und insbesondere dann erforderlich, wenn die erzwungene Inanspruchnahme der anderen Sozialleistung mit einem außergewöhnlichen Nachteil für den Leistungsberechtigten verbunden wäre, der eine unangemessene („unbillige“) Härte begründen könnte (Anschluss Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 19. Februar 2015 – L 8 AS 1232/14 ER, juris).
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177282&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung: a. A. SG Frankfurt/Oder, Beschluss vom 07.04.2015 – S 25 AS 2705/14 ER und LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 10. Dezember 2014 – L 2 AS 520/14 B ER
3. 3 Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.03.2015 – L 7 AS 1504/13 – Die Revision wird zugelassen
Grundsicherung für Arbeitsuchende – Leistungsausschluss bei Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung – Beurlaubung vom Maßregelvollzug in der Form des Probewohnens
Leitsatz ( Juris )
Das Probewohnen im Rahmen des Maßregelvollzugs stellt keinen Aufenthalt aufgrund richterlicher Freiheitsentziehung im maßregelvollzugsrechtlichen Sinne dar und begründet keinen Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 4 SGB II.
Quelle: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=5FDD34F1D5CC9DC4C3CCD63D5D7B18E3.jp15?doc.id=JURE150007257&st=null&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint
Anmerkung: ebenso Bay LSG, Urteil vom 17.09.2014 – L 16 AS 813/13 – wonach der fortdauernde Maßregelvollzug (§ 64 StGB) einer Leistungsgewährung nach dem SGB II nicht entgegen steht, wenn zur Vorbereitung auf die Entlassung eine dauerhafte Beurlaubung in die eigene Wohnung erfolgt und nur noch einzelne Termine in der Vollzugseinrichtung wahrzunehmen sind (sog. Probewohnen).
3. 4 Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 18.03.2015 – L 11 AS 104/15
Zur Aufrechnung einer Darlehensrückzahlungsforderung wegen derzeit nicht verfügbarem Vermögen mit laufenden Leistungen nach dem SGB II ( nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II) – Rückzahlungsansprüche aus Darlehen nach § 24 Abs 5 SGB II – Sonderregelung des § 42a Abs 3 Satz 2 SGB II – Rückzahlungsvereinbarung
Hat das Jobcenter ( JC ) keinen Versuch unternommen, mit dem Hilfebedürftigem ( HB ) eine Vereinbarung nach § 42a Abs 3 Satz 2 SGB II abzuschließen, ist eine einseitige Aufrechnungserklärung durch Verwaltungsakt rechtswidrig.
Leitsätze ( Autor )
1. Es kann dahinstehen, ob die sofortige Fälligkeit des Darlehens in voller Höhe bereits eingetreten ist, obwohl nur ein Teil der bei der Darlehensgewährung in Bezug genommenen Grundstücke verwertet worden sind, denn vorliegend hätte anstelle der vom JC per Verwaltungsakt erklärten Aufrechnung iHv monatlich 37,40 EUR nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II eine Rückzahlungsvereinbarung mit dem HB geschlossen werden müssen.
2. Sofern der erlangte Betrag den noch nicht getilgten Darlehensbetrag nicht deckt, soll eine Vereinbarung über die Rückzahlung des ausstehenden Betrags unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden (§ 42a Abs 3 Satz 2 SGB II). Mit einer solchen Vereinbarung kann es dem Darlehensnehmer ermöglicht werden, den noch ausstehenden Betrag über einen längeren Zeitraum aufzubringen, und er kann damit vor der sofortigen Beitreibung der Forderung geschützt werden.
3. Da der Gesetzgeber vorliegend für die Rückzahlung von fällig gewordenen Darlehen, die wegen eines vorübergehend nicht verwertbaren Vermögensgegenstand gewährt worden sind, mit § 42a Abs 3 Satz 2 SGB II eine Sonderregelung geschaffen hat, kommt der Rückgriff auf die allgemeine Aufrechnungsmöglichkeit bei anderen Darlehen nach § 42a Abs 2 Satz 1 SGB II nicht in Betracht.
4. Eine Beschränkung des Erfordernisses einer (vorrangigen) Vereinbarung über die Rückzahlung auf Fälle, bei denen auch nach Verwertung weiterhin die laufenden Leistungen als Darlehen nach § 24 Abs 5 SGB II erbracht werden, kann weder dem Wortlaut des Gesetzes noch dem gesetzgeberischen Willen entnommen werden.
5. Allenfalls dann, wenn eine Vereinbarung scheitern sollte, käme gegebenenfalls eine einseitige Aufrechnungserklärung des Jobcenters in Betracht.
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177372&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
3. 5 Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.01.2015 – L 29 AS 2220/14
Zum Schriftformerfordernis bei Berufungseinlegung
Leitsatz (der Redaktion):
Ist der Namenszug auf der per Computerfax/Telefax sowie per EGVP übermittelten Berufungsschrift zweifelsfrei erkennbar nicht durch eigenhändige Unterschrift erfolgt, sondern elektronisch eingefügt, steht fest, dass der Prozessbevollmächtigte mit dieser Unterschrift den Originalschriftsatz jedenfalls nicht „eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens“ und damit nicht wirksam im Sinne des § 151 Abs. 1 SGG unterzeichnet hat.
Quelle: http://www.jurpc.de/jurpc/show?id=20150073
3. 6 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.04.2015 – L 19 AS 288/15 B – rechtskräftig
Selbständiger Aufstocker – Vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGG i.V.m. § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III – abgelaufener Bewilligungsabschnitt – Rechtsschutzbedürfnis – unterbliebene Bewilligung eines Zuschusses zum Beitrag zur privaten Pflegeversicherung nach § 26 SGB II
Hinsichtlich der Ermittlung des Bedarfes steht einer Behörde auch im Rahmen einer Entscheidung nach §§ 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II, 328 Abs. 1 SGB III kein Ermessen zu.
Leitsätze ( Autor )
1. Das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers ist im Hinblick auf den bei Klageerhebung abgelaufenen Bewilligungsabschnitt und der Möglichkeit des Antrags auf endgültige Festsetzung der Leistungshöhe nicht entfallen. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben, wenn ein Kläger mit seiner Anfechtungs- und Leistungsklage ein „berechtigtes Interesse“ geltend macht und dieses nicht auf einfachere und schnellere Art und Weise zu erreichen ist (vgl. BSG Urteil vom 24.02.2011 – B 14 AS 75/10 R).
2. Ist eine vorläufige Bewilligung bestandskräftig geworden, ist sie im Rahmen eines endgültigen Leistungsbescheides bzw. Erstattungsbescheides hinsichtlich der Vorläufigkeit nicht mehr überprüfbar.
3. Mithin kann es einem Leistungsberechtigten – auch unter Berücksichtigung der Gewährung des Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG – nicht verwehrt werden, auch nach Ablauf des Bewilligungszeitraums die Rechtmäßigkeit einer vorläufigen Bewilligung im Hinblick auf die Leistungshöhe gerichtlich überprüfen zu lassen, zumal die Dauer eines Verwaltungsverfahrens betreffend einer endgültigen Festsetzung – wie der vorliegende Fall zeigt – nicht absehbar ist.
4. Auch im Hinblick auf die Besonderheiten der hier vorliegenden Fallgestaltung – vorläufige Bewilligung mit dem Ansatz eines Einkommens von 0,00 EUR – rechtfertigt nicht die Annahme des Entfalls eines Rechtsschutzbedürfnisses.
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177253&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
3. 7 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 10.04.2015 – L 19 AS 42/15 B ER und – L 19 AS 43/15 B – rechtskräftig
Grundsicherung nach dem SGB II – Britischer Staatsbürger – Regelbedarf nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II
Leitsatz ( Autor )
Britischer Staatsbürger hat Anspruch auf den Regelbedarf nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II im Rahmen der Folgenabwägung.
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177254&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
3. 8 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.04.2015 – L 7 AS 428/15 B ER – rechtskräftig
Im Rahmen einer vorzunehmenden Folgenabwägung im Hinblick auf die Regelung des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II ist die Verpflichtung des Jobcenters ( JC ) auszusprechen, den griechischen Antragstellerinnen den Regelbedarf zu erbringen – Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH
Leitsätze ( Autor )
1. Die Komplexität der gesetzlichen Regelungen unter Berücksichtigung der Einwirkungen der europarechtlichen Rechtsnormen auf die nationalen Gesetze lässt sich dem beim erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen L 7 AS 2136/13 geführten Verfahren, in dem Ansprüche von spanischen Staatsangehörigen streitig sind, entnehmen.
2. Der erkennende Senat hat das vorgenannte Verfahren ausgesetzt, um eine Vorabentscheidung des EuGH zu den verschiedenen Fragen einzuholen, u.a., ob andere primärrechtliche Gleichbehandlungsgebote, insbesondere Art. 45 Abs. 2 AEUV i.V.m. Art. 18 AEUV einer nationalen Bestimmung entgegenstehen, die Unionsbürgern eine Sozialleistung in den ersten drei Monaten ihres Aufenthalts ausnahmslos verweigert, die der Existenzsicherung dient und gleichzeitig auch den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtert, wenn diese Unionsbürger zwar weder Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Abs. 3 FreizügG/EU 2004 freizügigkeitsberechtigt sind, aber eine tatsächliche Verbindung zum Aufnahmestaat und insbesondere zum Arbeitsmarkt des Aufnahmestaates aufweisen (EuGH-Vorlage des Senats vom 22.05.2014 – L 7 AS 2136/13, EuGH C-299/14, Rechtssache Garcia-Nieto). Das Vorabentscheidungsersuchen ist noch anhängig.
3. Im Urteil vom 11.11.2014 (C-333/13; Rechtssache Dano) hat der EuGH zwar die Gültigkeit des Leistungsausschlusses innerhalb der ersten drei Monate des Aufenthalts im Aufnahmestaat nicht in Frage gestellt, indes ist unbeantwortet geblieben, wie zu entscheiden ist, wenn eine tatsächliche Verbindung zum Aufnahmestaat und zu dessen Arbeitsmarkt zu bejahen ist. Gleiches gilt für die – ohnehin nicht verbindliche – Stellungnahme des Generalanwalts in der Rechtssache EuGH C-67/14 (B; dort Rn 75).
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177292&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
3. 9 LSG Sachsen, Beschluss v. 22.04.2015 – L 8 AS 235/15 B ER
Zur Übernahme von Mietschulden in Höhe von fast 12.000 Euro einer alleinstehenden Mutter mit 3 minderjährigen Kindern im Wege des Eilrechtschutzes – Anordnungsgrund – keine Begrenzung der Höhe nach bei Mietschulden – Darlehensnehmer ist nur die Mutter
Allein der Umstand, dass die von der Antragstellerin mit ihren 3 Kindern ( 13, 5 und 6 Monate alter Säugling ) bewohnte Wohnung zwangsgeräumt werden soll, begründet hier den Anordnungsgrund, vgl. Artikel 13 Grundgesetz. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Ortspolizei verpflichtet wäre aufgrund polizeirechtlicher Vorschriften eine Notunterkunft zur Verfügung zu stellen.
So steht auch wirtschaftlich unvernünftiges (vorwerfbares) Handeln des Hilfebedürftigen, das die drohende Wohnungslosigkeit (mit)verursacht haben mag, einer Übernahme der Mietschulden als Leistungsanspruch nach dem SGB II nicht entgegen.
Leitsätze ( Autor)
1. Auch die Tatsache, dass die Polizei verpflichtet ist, der Antragstellerin und ihren 3 minderjährigen Kindern in eine Notunterkunft unterzubringen, ändert nichts an der Tatsache, dass die Antragstellerin obdachlos wird.
2. Diese letzte als polizeirechtlich behördliche Maßnahme hindert nicht die Annahme drohender Wohnungslosigkeit i. S. d. § 22 Abs. 8 SGB II, da dies immer das letzte Mittel ist und anderfalls nie die Gefahr der Obdachlosigkeit i. S. d. § 22 Abs. 8 S. 2 SGB II drohen würde.
3. § 22 Abs. 8 SGB II sieht keine Begrenzung der zu übernehmenden Mietschulden der Höhe nach vor.
4. Es handelt sich hier auch nicht um einen denkbaren atypischen Missbrauchsfall, welcher dem Anwendungsbereich des § 22 Abs. 8 S. 2 SGB II ausnahmsweise entgegenstehen könnte.
5. Die Mietschulden waren in einer Zeit entstanden, als ihr gemeinsamer Partner aus der Wohnung ausgezogen war, aufgrund der familiären Umstände war die Mutter nicht mehr in der Lage und überfordert damit, ihre finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Sie bezog in der zeit auch keine SGB II- Leistungen, weil nicht beantragt. Wirtschaftlich unvernünftiges Handeln ändert aber an der Schuldenübernahme als Regelfall insbesondere bei Obdachlosigkeit nichts.
6. Umstände im Verhalten der Antragstellerin, wie ein Spekulieren oder Vertrauen der Übernahme von Schulden durch das Jobcenter ( vgl. hierzu LSG Baden-Württemberg, Beschluss v. 13.03.2013 – L 2 AS 842/13 ER-B ) sind nicht zu erkennen.
7. Letztlich sind bei drohender Obdachlosigkeit und der daraus folgenden eingeschränkten Ermessensausübung durch den Grundsicherungsträger die Grundrechte der Antragstellerin, insbesondere das Grundrecht auf Wohnen als verfassungsrechtlich geschütztes Existenzrecht, zu beachten. Die Regelung des § 22 Abs. 8 S. 2 SGB II soll insoweit über die Deckung laufender Bedarfe hinaus ausnahmsweise weitergehenden Schutz bieten.
8. Der Beschluss des SG Chemnitz vom 17.02.2015 zum Az. S 2 AS 357/15 ER wurde durch das Sächsische Landessozialgericht mit Beschluss vom 22.04.2015 zum Az. L 8 AS 235/15 B ER bestätigt.
Anmerkung: Vgl. LSG NRW, Beschluss vom 17.09.2013 – L 19 AS 1501/13 B – Eine betragsmäßige Begrenzung des Darlehensanspruchs nach § 22 Abs. 8 SGB II ist der Vorschrift nicht zu entnehmen.
3. 10. LSG Sachsen, Urteil vom 26.02.2015 – L 3 AS 80/12
Proberaum des Musikers ist kein übernahmefähiger Wohnraum nach § 22 SGB II.
Leitsätze ( Autor)
1. Aufstockender Musiker hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Proberaum nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, da diese Regelung nur Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für Unterkunft und Heizung, das heißt nach allgemeiner Terminologie Leistungen für Wohnraum (vgl. BSG, Urteil vom 23. November 2006 – B 11b AS 3/05 R; Sächs. LSG, Beschluss vom 11. August 2010 – L 2 AS 421/10 B ER) erfasse.
2. Die Übernahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung ist nicht für Geschäftsräume, sondern ausschließlich für private Wohnräume vorgesehen (vgl. BSG, Urteil vom 23. November 2006 – B 11b AS 3/05 R ). Nichts anderes gilt für einen Proberaum, der nur privat und nicht geschäftlich genutzt wird. Die mit der Ausübung eines besonderen Hobbys verbundenen Kosten sind nicht über die Kosten der Unterkunft und Heizung zu bestreiten, sondern aus dem dafür vorgesehenen Regelsatzanteil des Regelbedarfs, insbesondere den Verbrauchsausgaben der Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur) im Sinne von § 5 Abs. 1 des Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe nach § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz – RBEG).
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177284&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
3. 11. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 04.03.2015 – L 3 AS 94/15 B ER – rechtskräftig
Strafgefangener im offenen Vollzug hat keinen Anspruch auf ein Darlehen in Höhe von 5.000,00 EUR für den Kauf von Winterbekleidung, für den Kauf von sonstiger Bekleidung, Bettwäsche und Trockentücher, für die Suche nach Wohnraum (Kaution, Miete, usw.) sowie für den Kauf einer Wohnungserstausstattung und für die Einzugsrenovierung nach dem SGB II.
Leitsätze ( Autor)
1. Für die Frage, ob SGB II-Leistungen bezogen werden könnten, komme es deshalb auch nicht darauf an, ob Vollzugslockerungen gewährt würden. Nur soweit einem Antragsteller auf Leistungen nach dem SGB II die Aufnahme eines konkreten Beschäftigungsverhältnisses erlaubt werde, könne er gemäß § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB II wiederum leistungsberechtigt sein (vgl. BSG, Urteil vom 24. Februar 2011 – B 14 AS 81/09 R ).
2. Die Voraussetzungen des Rückausnahmetatbestandes in § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 2 SGB II sind vorliegend nicht erfüllt, weil der Antragsteller nicht unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Nach dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut ist die tatsächliche Ausübung einer entsprechenden Erwerbstätigkeit („erwerbstätig ist“) und nicht nur die Absicht, eine solche Erwerbstätigkeit ausüben zu wollen, Tatbestandsvoraussetzung.
3. Für den Antragsteller bedeutet dies, dass er als Strafgefangener, der im Einzelfall von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist, jedenfalls dem Grunde nach einen Anspruch auf Leistungen zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach dem SGB XII haben kann. Die grundsätzlich bestehende Anspruchsberechtigung nach dem SGB XII ergibt sich im Übrigen mittelbar auch aus der Regelung über die örtliche Zuständigkeit in § 98 Abs. 4 SGB XII.
4. In der sozialgerichtlichen Rechtsprechung ist auch grundsätzlich anerkannt, dass Personen, die sich in Strafhaft befinden, Ansprüche nach dem SGB XII haben können (vgl. z. B. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2013 – B 8 SO 24/12 R ).
5. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Antragsteller einen Darlehensanspruch nach dem SGB XII in Bezug auf eine der von ihm begehrten Ausgabeposten hat, kann allerdings im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben, weil der Antragsteller jedenfalls nicht seine Hilfebedürftigkeit glaubhaft gemacht hat.
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177285&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
3. 12. LSG Sachsen, Beschluss vom 31.03.2015 – L 3 AS 148/15 B ER – rechtskräftig
Vorläufige Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II – Staatsangehörige der Republik Indonesien
Leitsätze ( Autor )
1. Die Antragstellerin ist nicht nach § 7 Abs. 5 SGB II als Studierende von Leistungen ausgeschlossen. Sie kann für sich und gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II für das mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebende Kind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend machen.
2. Die Aufenthaltserlaubnis nach § 16 AufenthG und die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung, die insgesamt 120 Tage oder 240 halbe Tage im Jahr nicht überschreitet, sowie zur Ausübung studentischer Nebentätigkeit (vgl. § 16 Abs. 3 AufenthG) genügt den Anforderungen zur rechtlichen Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 Abs. 2 SGB II (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12. Februar 2010 – L 1 SO 84/09 B ER, L 1 SO 95/09 B ).
3. Die Antragstellerin hat glaubhaft an Eides Statt versichert, dass sie aufgrund der Betreuung und Erziehung ihres Kindes, das Studium derzeit nicht betreibt und in der Zeit der Beurlaubung auch Studien- und Prüfungsleistungen nicht ablegen wird ( vgl. hierzu BSG, Urteil vom 22. März 2012 – B 4 AS 102/11 R und BSG, Urteil vom 22. August 2012 – B 14 AS 197/11 R – wonach ein Studierender während eines Urlaubssemesters dann nicht von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen ist, wenn er in dieser Zeit aus organisationsrechtlichen Gründen der Hochschule nicht mehr angehört oder die organisationsrechtliche Zugehörigkeit zwar weiterhin vorliegt, er sein Studium jedoch tatsächlich nicht betreibt).
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177286&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
4. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)
4. 1 SG Augsburg, Urteil v. 20.11.2014 – S 16 AS 1480/10
Grundsicherung für Arbeitsuchende – Rechtswidrigkeit der Aufforderung zur Beantragung einer vorgezogenen Altersrente bzw der Rentenbeantragung durch den Grundsicherungsträger – bindender Rentenbescheid – Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X
Auch wenn der Rentenversicherungsträger schon eine Rente bewilligt hat, welche vom Jobcenter beantragt wurde, ist die Klage als Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 nr. 1 SGG zulässig. Wollte man die Ersatzvornahme als insoweit als erledigten Verwaltungsakt ansehen, war die Klage gem. § 131 Abs. 1 S. 3 SGG als Fortsetzungsfeststellungsklage ebenso zulässig.
Leitsätze RA Daniel, Zeeb
1. Eine Aufforderung des SGB II Trägers gemäß § 12 a SGB II einen Antrag auf vorzeitige Altersrente stellt einen Verwaltungsakt dar. Vor Erlass des Verwaltungsaktes ist Ermessen auszuüben, was vorliegend nicht erfolgte.
2. Nicht jede Nichtbefolgung einer Rentenaufforderung löst das Recht zur Ersatzvornahme aus. Vielmehr setzt dieses in § 5 Abs. 3 SGB II normierte Recht eine nicht befolgte aber im Übrigen rechtmäßige ergangene Aufforderung voraus, an welche hier nicht vorliegt.
3. Der Leistungsbezieher hatte auch trotz rechtskräftiger Entscheidung über die Rente ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des vom Leistungsträger in Anspruch genommenen Rechts zur Ersatzvornahme nach § 5 Abs. 3 SGB II Ein Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X ist jedoch vom Kläger beabsichtigt und verspricht hinreichenden Erfolg.
Damit geht diese Entscheidung über die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hinaus (BSG, Beschluss vom 12.06.2013 – B 14 AS 225/12 B). Dieses hatte die dortige Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, da nicht ausreichend dargestellt worden sei welches Rechtsschutzinteresse gegeben sei, insbesondere woraus sich die Möglichkeit einer günstigen Entscheidung ergeben solle. Dies Rechtsschutzinteresse wird nunmehr hier bejaht, solange im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens eine Abänderung der Rente erreicht werden kann.
Anmerkung von RA Daniel Zeeb: Der im Anschluss an das Urteil gestellte Überprüfungsantrag gemäß § 44 SGB X bei der Rentenversicherung hatte im übrigen ebenfalls Erfolg. Die Rente wird nunmehr ab dem späteren regulären Beginn der Altersrente ohne Abschläge in entsprechend erhöhter Höhe gewährt.
4. 2 SG Potsdam, Beschluss vom29.08.2014 – S 19 AS 1797/14
Grundsicherung nach dem SGB II – Aufforderung zur Stellung eines Antrags auf vorzeitige Altersrente
Schon die Aufforderung einer Altersrente bedarf einer Ermessensentscheidung. Hierfür genügt es gerade nicht, allein darauf abzustellen, ob eine in der Unbilligkeitsverordnung aufgeführte Fallgruppe vorliegt (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.9.2013 – L 28 AS 2330/13 B ER, SG Dresden, Beschluss vom 21.2.2014 – S 28 AS 567/14 ER, a.A. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.5.2013 – L 19 AS 291/13 B ER).
Leitsätze ( Autor )
1. Bei der Entscheidung des Jobcenters über die Aufforderung eines Empfängers von Leistungen nach dem SGB II, einen Antrag auf vorzeitige Altersrente nach Vollendung des 63. Lebensjahres zu stellen, hat das Jobcenter in die dazu erforderliche Ermessensentscheidung nicht nur die Fallgruppen einzubeziehen, die sich aus der Unbilligkeitsverordnung ergeben, sondern auch weitere relevante Aspekte einzubeziehen, die im Einzelfall gegen eine vorzeitige Verrentung sprechen könnten.
2. Eine Aufforderung zur Inanspruchnahme von Altersrente durch einen SGB II- Empfänger ist auch dann zulässig, wenn der Rentenbezug lediglich zu einer Verringerung der Hilfsbedürftigkeit und nicht zu deren vollständigen Ausschluss führt.
3. Einzelfall zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung eines Jobcenters im Rahmen der Aufforderung zur vorzeitigen Antragstellung auf Gewährung von Altersrente an einen Leistungsbezieher nach dem SGB II (hier: fehlerfreie Ermessensentscheidung bejaht).
4. 3 SG Hannover, Beschluss vom 14.04.2015 – S 70 AS 1178/15 ER
Zum Leistungsausschluss von EU-Bürgern gem. § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II
Bulgarischer Antragsteller hat Anspruch auf vorläufige Leistungen nach dem SGB II.
Leitsatz ( Juris )
§ 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB II ist unter Beachtung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG) verfassungskonform auszulegen.
Quelle: http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=5FDD34F1D5CC9DC4C3CCD63D5D7B18E3.jp15?doc.id=JURE150007255&st=null&showdoccase=1¶mfromHL=true#focuspoint
4. 4 SG Aachen, Beschluss vom 20.04.2015 – S 11 SF 11/15 E
Außergerichtlich angefallene Kosten sind nachzuweisen.
Leitsatz ( Autor)
1. Privatpersonen, die nach einem gewonnenen Rechtsstreit außergerichtliche Kosten (etwa Portokosten) geltend machen wollen, müssen diese im Einzelnen nachzuweisen.
2. Eine für Rechtsanwälte geltende Vorschrift, wonach Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen pauschal mit 20,00 EUR in Rechnung gestellt werden können, ist für Privatpersonen nicht anwendbar. Entgegen einer im Internet kursierenden Entscheidung des Sozialgerichts Frankfurt/Main aus dem Jahr 2013 ist auch eine Übertragung dieser Vorschrift auf Privatpersonen nicht geboten.
3. Eine solche Übertragung würde voraussetzen, dass die Ausgangslagen vergleichbar wären. Dies ist aber nicht der Fall. Die Pauschalierung im Fall von Rechtsanwälten, die mit der geschäftlichen Besorgung von Rechtsgeschäften betraut sind, beruht darauf, dass der Gesetzgeber das für diese zwangsläufig erforderliche Vorhalten und Benutzen einer telekommunikationstechnischen Infra-struktur möglichst praktikabel – nämlich pauschal – abgelten wollte. Eine entspre-chende Infrastruktur für die Besorgung von Rechtsangelegenheiten müssen Privat-personen jedoch nicht vorhalten. Ihnen ist es zuzumuten, angefallene Kosten konkret zu belegen.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Quellen: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/msgb/show.php?modul=msgb&id=5961&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive= und http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177162
Anmerkung: a. A. SG Frankfurt v. 11.03.2014 – S 24 AS 1074/10
Bei gewonnenen Widersprüchen Auslagenpauschale von 20 EUR geltend machen!
Das Sozialgericht Frankfurt hat in einem aktuellen Urteil (SG Frankfurt v. 11.03.2014 – S 24 AS 1074/10) das Jobcenter dazu verurteilt, den sich selbst vertretende Widerspruchsführer, nasch einem gewonnen Widerspruchs- und Klageverfahren eine Auslagenpauschale von je 20 EUR zu zahlen.
veröffentlicht im Thomé Newsletter 03.04.2014: http://www.harald-thome.de/media/files/SG-Ffm-v.-11.03.2014—S-24-AS-1074-10.pdf
4. 5 SG Osnabrück, Urteil vom 28.04.2015 – S 31 AS 41/14 – nicht rechtskräftig
Eine Mutter hat auch dann einen Anspruch auf den Mehrbedarf für Alleinerziehende, wenn sie erneut verheiratet ist.
Leitsätze ( Autor )
Die Mutter hat sich allein um ihre erstgeborene Tochter gekümmert. Es ist auch berücksichtigt worden, dass der Ehemann der Klägerin kein Deutsch und die Tochter nur wenig Russisch spricht. Eine Verantwortung im Zusammenhang mit der Kindererziehung lasse sich nicht feststellen.
Quelle: Pressemitteilung des SG Osnabrück Nr. 1/2015 v. 28.04.2015: http://www.sozialgericht-osnabrueck…..leinerziehung-133315.html
Anmerkung: Vgl. dazu auch SG Konstanz, Urteil vom 21.01.2014 – S 4 AS 1904/12 – wonach auch bei einem Zusammenziehen mit einem neuen Partner der Alleinstehendenregelsatz (100 %) und der Alleinerziehendenmehrbedarf gezahlt werden muss.
4. 6 SG Aachen, Beschluss vom 20.03.2015 – S 11 AS 169/15 ER
Jobcenter wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ( österreichische Staatsbürgerin )den aktuellen Regelbedarfs zu bewilligen – kein Anordnunsgrund hinsichtlich der Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II – Arbeitnehmereigenschaft
Leitsätze ( Autor )
Österreichische Staatsbürgerin hat Anspruch auf den aktuellen Regelbedarf im Rahmen der Folgenabwägung.
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177267&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung: Vgl. SG Lüneburg, Beschluss vom 21.05.2014 – S 27 AS 156/14 ER – und LSG NRW, Beschluss vom 29.01.2015 – L 6 AS 2085/14 B ER – und – L 6 AS 2086/14 B – rechtskräftig – Österreichischer Staatsbürger hat Anspruch auf vorläufige Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II Österreichische Staatsangehörige haben Anspruch auf ALG II im Rahmen der Folgenabwägung.
5. Entscheidungen der Sozialgerichte zum Arbeitsförderungsrecht ( SGB III )
5. 1 Sozialgericht Duisburg, Urteil vom 29.01.2014 – S 33 AL 363/13 – Berufung anhängig beim LSG NRW unter dem Az. L 20 AL 135/14
Arbeitslosengeldanspruch – Erfüllung der Anwartschaftszeit – Versicherungspflichtverhältnis – Strafgefangener in einem öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnis eigener Art – Berücksichtigung von arbeitsfreien Wochenenden und Wochenfeiertragen als Versicherungspflichtzeiten bei Gefangenen i
Leitsatz ( Autor )
1. Der Antragsteller erfüllt die erforderliche Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld durch Ausübung seiner versicherungspflichtigen Arbeit während der Haftzeit.
2. Das BSG hat die bisherige Berücksichtigung von arbeitsfreien Wochenenden und Wochenfeiertragen als Versicherungspflichtzeiten bei Gefangenen in Anlehnung an die Situation von Arbeitnehmern auch bereits ausdrücklich gebilligt und mit der Berechnung der Beiträge für die Versicherungszeit der Gefangenen in § 1 der Gefangenen-Beitragsverordnung begründet, nach der jeder Arbeitstag mit einem 250-tel der Beitragsbemessungsgrundlage für ein Jahr angesetzt wird (vgl. BSG Urteil vom 07.11.1990 Az: B 9b 7RAr 112/89; s. auch LSG NRW Urteil vom 15.10.2008, Az: L 12 AL 40/07 und vom 18.03.2003, Az: L 1 AL 18/02).
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=171290&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
6. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Sozialhilfe (SGB XII)
6. 1 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.04.2015 – L 9 SO 496/14 B – rechtskräftig
Bewilligung von Prozesskostenhilfe für polnische Staatsangehörige, die Unionsbürgerin ist, und wahrscheinlich nicht den Leistungsausschlüssen des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII unterliegt, weil bereits deren tatbestandliche Voraussetzungen nicht vorliegen.
Leitsätze ( Autor )
Auch ein fehlendes materielles Aufenthaltsrecht der Antragstellerin führt nicht – auch nicht im Wege eines „Erst-Recht-Schlusses“ bei § 23 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGB XII – zu einem Ausschluss von Leistungen der Sozialhilfe (vgl. zur Parallelregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II LSG NRW, Urt. v. 10.10.2013 – L 19 AS 129/13; offen lassend BSG, Urt. v. 18.11.2014 – B 8 SO 9/13 R ).
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177347&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
6. 2 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.03.2015 – L 9 SO 309/14
Sozialhilfe – Unterkunft und Heizung – Mietvertrag unter Verwandten – keine Ernsthaftigkeit zur Vollziehung des Mietvertrages durch die Eltern
Ob und in welchem Umfang einem erwachsenen Kind, das mit seinen Eltern zusammenlebt, tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entstehen, hängt im Wesentlichen davon ab, ob es einer wirksam vereinbarten (Unter-)Mietzinsforderung seiner Eltern ausgesetzt ist, d.h. ob zum einen ein wirksamer Mietvertrag abgeschlossen worden ist und zum anderen dieser von Seiten des Vermieters auch tatsächlich vollzogen werden soll (vgl. LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 29.06.2011 – L 9 SO 16/10 ).
Leitsätze ( Autor )
Die Antragstellerin war keiner Mietzinsforderung ihrer Eltern ausgesetzt, da durch die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers zwar ein wirksamer Mietvertrag abgeschlossen worden ist, allerdings nicht vom ernsthaften Willen der Eltern ausgegangen werden kann, diesen auch umzusetzen.
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177252&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung: vgl. hierzu BSG, Urt. v. 23.03.2010 – B 8 SO 24/08 R – Es besteht kein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, wenn der wirksam abgeschlossene Mietvertrag tatsächlich nicht vollzogen wird bzw. die entstehenden Mietzinsforderungen dauerhaft gestundet werden
6. 3 Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.01.2015 – L 20 SO 503/14 B ER – rechtskräftig
Zum Anspruch auf Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten während einer Inhaftierung (hier: Übernahme von Mietkosten).
Leitsätze ( Autor )
1. Der vom Antragsteller geltend gemachte drohende Wohnungsverlust nach seiner Haftentlassung gehört grundsätzlich zu den besonderen Lebensverhältnissen mit sozialen Schwierigkeiten im Sinne des § 67 SGB XII; denn der Verlust der Wohnung ist für einen Haftentlassenen – ähnlich dem Verlust des Arbeitsplatzes – selbst dann, wenn dieser nicht auf existenzsichernde Leistungen angewiesen ist, deutlich schwerer zu kompensieren als für andere Bürger (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 8 SO 24/12 R).
2. Es ist jedoch nicht glaubhaft gemacht, dass diese sozialen Schwierigkeiten darüber hinaus „besonderer“ Art sind, dass also – nach der insoweit zu treffenden Prognoseentscheidung bezogen auf die Verbüßung dieser Haftstrafe für den Fall des Verlusts der innegehabten Wohnung – „besondere“ soziale Schwierigkeiten zu erwarten sind.
3. Denn Allein der Umstand, dass der Antragsteller nach seinem Vorbringen über keine engeren sozialen Kontakte und familiäre Bindungen verfügt, reicht insofern nicht aus.
4. Es ist auch von einem alleinstehenden Menschen in aller Regel zu erwarten, nach seiner Haftentlassung – ggf. mit Hilfe eines Sozialarbeiters und unter Vorlage einer Mietzahlungsgarantie des SGB II-Trägers – eine neue Unterkunft anzumieten (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 13.12.1989 – VI S 77.79).
5. Etwas anders kann zwar gelten, wenn weitere Umstände hinzukommen, die eine dauerhafte Ausgliederung des Inhaftierten befürchten lassen, sofern ihm seine Wohnung nicht erhalten bleibt. Dies mag beispielsweise der Fall sein, wenn der Betroffene etwa aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur oder psychischer Störungen (vgl. hierzu den vom BSG, a.a.O., zur weiteren Aufklärung zurückverwiesenen Rechtsstreit eines alleinstehenden Inhaftierten, der unter einer wahnhaften Störung im Sinne eines Querulantenwahns leidet; vgl. ferner OVG Berlin, Beschluss vom 13.12.1989 – VI S 77.79 für den Fall eines arbeitsunfähigen, möglicherweise seelisch Behinderten und Erwerbsunfähigen, der früher obdachlos war) oder sonstiger Verhaltensauffälligkeiten bzw. Drogen- oder Alkoholabhängigkeit Schwierigkeiten hat, Kontakt zu seiner Umwelt herzustellen oder aufrecht zu erhalten.
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177251&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
7. Entscheidungen der Landessozialgerichte zum Asylrecht
7. 1 Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 13.04.2015 – L 8 AY 6/15 B ER – rechtskräftig
1. Antragsteller, die sich jahrelang als Asylbewerber in der Bundesrepublik aufhalten, erhalten neben der Unterkunft gemäß § 3 AsylbLG Grundleistungen (2015: Taschen und Essensgeld im Umfang von jeweils 153,49 EUR und 136,21 EUR).
2. Wegen Vermögens (Pkw mit einem Wert auf 980 EUR) kann ein Aufhebungsbescheid erfolgen.
3. Das LSG kann feststellen, dass ein Widerspruch gegen einen entziehenden Verwaltungsakt aufschiebende Wirkung hat. Es kann den Antragsgegner auch im Wege der Folgenbeseitigung verpflichten, die entzogenen Leistungen zu erbringen.
Leitsätze ( Juris )
1. Ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz muss dazu noch von nicht anwaltlich vertretenen Rechtsschutzsuchenden nicht im Einzelnen mit der richtigen rechtlichen Terminologie bezeichnet werden.
2. Bei Anfechtungssachen wurde zuvor ein Verwaltungsakt eine Begünstigung oder Leistung zurückgenommen oder aufgehoben. Dies gilt auch nach dem AsylbLG, sofern die Bewilligung durch einen Dauerverwaltungsakt erfolgt ist.
3. Bei Nichtbeachtung der aufschiebenden Wirkung durch die Behörde ist der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung in entsprechender Anwendung von § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG zulässig.
4. Bei völliger Verkennung der aufschiebenden Wirkung durch die Behörde ist die Aufhebung der Vollziehung nach § 86b Abs. 1 S 2 SGG angezeigt.
5. Ab 1.3.2015 sind gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG die Vorschriften des SGB XII auf Leistungsberechtigte anzuwenden, die sich seit 15 Monaten ohne wesentliche Unterbrechung im Bundesgebiet aufhalten. Damit gelten auch die Schonbeträge nach § 1 DVO zu § 90 SGB XII.
6. Zu Unterbrechung der Vorbezugszeit im Sinne § 2 AsylbLG durch Inhaftierung.
Quelle: http://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=177243&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
8. Anmerkung von RiLSG BWB Dr. Steffen Luik zu BSG v. 14.5.2014: Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei mehrfachem unentschuldigtem Fernbleiben von einem Meldetermin
Anmerkung zu: BSG 11. Senat, Urteil vom 14.05.2014 – B 11 AL 8/13 R – Autor: Dr. Steffen Luik, RiLSG
Verlust des Anspruchs auf Arbeitslosengeld bei mehrfachem unentschuldigtem Fernbleiben von einem Meldetermin
Leitsätze
1. Ein dreimaliges aufeinanderfolgendes unentschuldigtes Fernbleiben von einem Meldetermin rechtfertigt auch bei jeweils ordnungsgemäßer Meldeaufforderung nicht zwingend die Annahme, der Bezieher von Arbeitslosengeld sei nicht mehr verfügbar. Einen solchen Automatismus sieht das Gesetz nicht vor.
2. Das Nichterscheinen eines Arbeitslosen nach Erhalt einer Meldeaufforderung kann als gewichtiges Indiz fehlender Verfügbarkeit sowie als Verletzung der Obliegenheiten des Arbeitslosen zur Angabe von Tatsachen und zum persönlichen Erscheinen nach den für alle Sozialleistungen geltenden Mitwirkungsvorschriften Grund für eine Leistungsversagung oder -entziehung sein. Die allgemeinen Mitwirkungsvorschriften sind insoweit neben der speziellen Regelung des SGB III zur Meldeaufforderung anwendbar.
weiterlesen Juris: http://www.juris.de/jportal/portal/…..hten%2Fzeigenachricht.jsp
9. Hartz-IV-Antragszeitpunkt sollte gut überlegt sein.
Drohen einem Hartz-IV-Bezieher wegen eines zu früh gestellten Hartz-IV-Antrags finanzielle Einbußen, kann er diesen nicht einfach zurücknehmen und den Antrag kurz darauf zu einem für ihn günstigeren Termin neu stellen. Dies hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am Freitag, 24. April 2015, entschieden (Az.: B 4 AS 22/14 R). Es wies damit einen früheren Strafgefangenen ab.
Weiterlesen: http://www.juraforum.de/recht-gesetz/hartz-iv-antragszeitpunkt-sollte-gut-ueberlegt-sein-515738
Autor des Rechtsprechungstickers: Willi 2 von Tacheles – alias Detlef Brock
Quelle „Tacheles-Rechtsprechungsticker, http://www.tacheles-sozialhilfe.de